Der eindrucksvolle, ungefähr sieben Meter hohe Turm erhebt sich aus einem vor vierzig Jahren angelegten Pappelhain wie das klassische Wahrzeichen einer Burg; und gerade wegen seines imposanten Aussehens soll er laut Überlieferung dem Künstler Giorgione bei seinem Gemälde „Tempesta" (Das Gewitter) als Vorbild gedient haben, der diesen Hintergrund als Erinnerung an den heiligen Martin wählte.
Ihr wechselhaftes Schicksal hat die kleine Festung, deren Zweckbestimmung sich im Laufe der Jahrhunderte mehrmals änderte, mit vielen anderen italienischen Burgen gemein: erst aus geschichtlichen Gründen - nachdem die Waffen verbessert worden waren - dann weil der öffentliche Besitz bewahrt werden und für alle zugänglich sein sollte.
Vor der ersten Jahrtausendwende bestanden die Wehranlagen am Ufer des Flusses Bacchiglione nur aus einem Turm. Mit Beginn des 14. Jahrhunderts und dem siegreichen Vormarsch der Scaliger-Milizen wurde die Verteidigungslinie im Norden durch den Turm Sankt Martin besfestigt. Nicolò Da Carrara wurde von der Stadt für den unermüdlichen Widerstand, den die Stadt Padua gegen Cangrande geleistet hatte, 1324 mit der Schenkung des Turms belohnt.
Am bedeutendsten war die Burg unter der Herrschaft der Da Carrara: An der südlichen Seite wurde eine zinnenbewehrte Einfriedung in Trachytstein errichtet oder vielleicht nur wiederaufgebaut (ungefähre Höhe: 10 Meter). An drei Seiten wurden ebenso viele weitere Baukörper mit Quartieren eingefügt; schließlich wurde der Turm erhöht und mit eleganten Zinnen versehen, deren vorspringende Auskragung von hohen Streben getragen werden (eine ähnliche Lösung findet sich an der Porta Padova in Montagnana).
Als Unterkunft des Befehlshabers in der Burg und des ganzen Exerzierplatzes wurde im Turm ein richtiges Lager organisiert, das sich auf sechs Stockwerke verteilte. Das Gebäude zeigt noch heute die Spuren der Bautechniken, die der Verteidigung dienten, wie die hohen und schmalen Schießscharten im Erdgeschoss der Einfriedung oder der Scharwachturm auf der südlichen Seite. Die Burg war immer uneinnehmbar und fiel, wie die Quellen überliefert haben, erst aufgrund eines Verrats; danach wurde sie die Dömane Venetiens.
Nachdem sie in den Besitz Venedigs übergegangen war, verlor die Burg ihre Bedeutung als Wehranlage und wurde nicht mehr benutzt. 1489 wurde sie an die venezianische Adelsfamilie Vendramin vermietet, die mit Getreide handelte und einige Jahre darauf ein ländliches Gebäude erstellte, das sich ungefähr 200 Meter östlich der Burg befindet. Unter dem Schutz des venezianischen Friedens wurde der Burg das gleiche Schicksal des Flusses Bacchiglione zuteil, als der Handel in diesem Gebiet zu blühen begann. Der Wald Carpaneta lieferte nämlich Brennholz und große Mengen besten Eichenholzes für die Schiffswerft von Venedig. In Carbonara wurde Kohle gefördert, während die Kalksteingruben und die Kalköfen von Vegrolongo einen großen Aufschwung erlebten. All diese Handelswaren wurden auf dem Wasserweg nach Venedig transportiert, und bis zum 17. Jahrhundert verwandelten sich die Räumlichkeiten der Burg zu einem Warenlager am Fluss und zu einem bedeutenden Umschlagplatz des Handels. Diese neue Situation führte zu einer weiteren Art der Nutzung, nämlich als Unterkunft und Weinschenke. Der Gebäudekomplex blieb bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie Vendramin.
Nachdem die Burg mehrmals den Besitzer gewechselt hatte, wurde sie 1978 von den letzten Eigentümern Antonini Papafava dei Carraresi dem Konsortium für die Aufwertung der Euganeischen Hügel - also der Provinz Padua - geschenkt.
Gegenwärtig beherbergt die gesamte Anlage das Museum für den Fluss Bacchiglione und seine umliegende Landschaft.
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